Und plötzlich droht die Bank die Kreditlinie zu kündigen: Bankenkommunikation in der Krise
Wie oft ist es schon passiert? Im Unternehmen laufen nicht mehr alle Räder rund. Externe Einflüsse und strategische Fehlentscheidungen haben zu einer ernsthaften Krise geführt. Vielversprechende Restrukturierungsmaßnahmen wurden jedoch schon eingeleitet. Im Unternehmen besteht wieder eine Perspektive für nachhaltiges Wachstum und Ertrag. Aber die Hausbank droht die seit Jahren bestehende, jedoch jetzt in der Krise voll in Anspruch genommene, Kreditlinie zu kündigen. Dies hätte die sofortige Zahlungsunfähigkeit und damit Insolvenz zur Folge. Der Unternehmer versteht die Welt nicht mehr. Gerade jetzt. Gerade in dem Moment, in dem die Sanierungsmaßnahmen greifen und lediglich noch ein relativ geringes Darlehen zur letzten Überbrückung benötigt wird.
So oder ähnlich tausend Mal geschehen. Was ist passiert? Welche Fehler hat der Unternehmer gemacht?
1 Grundsätzliches vorab
Die Bankenlandschaft hat sich in den letzten 20 Jahren in Bezug auf die Kreditvergabementalität stetig zu Ungunsten der Kreditnehmer verändert. Stichworte sind Basel 1, Basel 2 und heute greifend Basel 3. Basel 3 wird dabei der Grund für eine noch restriktivere Kreditvergabe bei den Banken sein, als dies heute von vielen Unternehmern bereits bemängelt wird. Kreditanträge werden künftig noch strengeren Anforderungen unterworfen. Kredite werden sich tendenziell verteuern und die von den Banken angebotenen Kreditlaufzeiten verkürzen sich. Dies führt zu höheren Kapitaldiensten für Zins- und Tilgungsleistungen. Die Kapitaldienstfähigkeit wird dadurch für etliche Unternehmen nicht mehr darstellbar sein. Kreditanfragen werden vermehrt abgelehnt.
Aufgrund vielzitierter Risiken und mangelnder Rentabilität im gewerblichen Kreditgeschäft wollen zahlreiche Banken diese Sparte nur noch mit reduziertem Engagement betreiben. Manche Banken können aufgrund ihrer eigenen Ertrags- und Eigenkapitalsituation das gewerbliche Kreditgeschäft nur noch äußerst restriktiv bedienen. Hier spielt die reduzierte Risikotragfähigkeit vieler Kreditinstitute eine entscheidende Rolle. So wird das Kreditgeschäft dieser schwachen Bank, gewollt oder nicht, reglementiert und limitiert.
2 Was bedeutet dies für den Unternehmer als Kreditnehmer einer Bank?
Die Kreditentscheidungen der Banken sind heute mathematisiert. Jeder gewerbliche Kreditkunde wird Kategorien zugeordnet. Es werden für jeden Kunden die Kreditausfallwahrscheinlichkeiten ermittelt, welche Basis für dessen individuelle Ratingnote sind. In diese Ratingnote fließen harte und weiche Fakten ein. Die harten Fakten sind Analysen und Kennzahlen aus Daten der Finanzbuchhaltung und der Girokontoführung. Die EDV der Bank liefert automatisch Informationen über: steigende Durchschnittsinanspruchnahme oft bis zur Kreditgrenze, die Anzahl der Tagessalden über dem Kreditlimit, eine abnehmende Volatilität, einen steigenden Bodensatz.
Diese Fakten sind erst einmal fest. Das daraus resultierende Ratingergebnis ist noch nicht in Stein gemeißelt! Ein Teil der Ratingnote wird auch über weiche Fakten bestimmt. Hier werden Einstufungen, Wertungen und strategische Positionierungen des Unternehmens erfasst, welche sich aus keiner Bilanz oder BWA ablesen lassen. Die wesentlichen weichen Faktoren sind:
- Der Unternehmer (seine fachliche und soziale Kompetenzen, seine Führungsfähigkeit)
- Organisationsstrukturen (Art und Umfang klarer Prozesse, zweite Führungsebenen etc.)
- Unternehmensplanung (Vorliegen einer plausiblen Planung)
- Controlling (laufende Soll-Ist-Vergleiche und dokumentierte Maßnahmenableitung)
- Strategie (erfolgt eine regelmäßig Überprüfung?)
- Veränderungen auf den Absatzmärkten (werden diese wahrgenommen und erfolgen Reaktionen darauf in Bezug auf das eigene Angebot / die Produktion)
- Unternehmensnachfolge (geregelt? Notfallplan vorhanden?)
Im Idealfall sollte ein Unternehmer die Fragen nach den weichen Faktoren so beantworten können, dass diese ausschließlich positiven Einfluss auf das Ratingergebnis haben. Ist dies nicht der Fall, sollte dies zum Anlass genommen werden, die augenscheinlich vorhandenen Defizite zu beseitigen. Die so erkannten Potenziale sollten primär genutzt werden, um das Unternehmen insgesamt gestärkter aufzustellen. Die Ratingnote verbessert sich daraufhin automatisch, soweit der so erzielte Erfolg auch der Bank zur Kenntnis gebracht wird.
Das Ergebnis, aus der durch die Bank erstellten Analyse weicher und harter Fakten, stuft die Kreditwürdigkeit des Unternehmens ein. Die Skala des grünen Bereiches reicht von Kreditvergabe blanko bis zur weiteren Kreditvergabe nur bei voller Besicherung. Eine Ratingnote im roten Bereich bedeutet, dass die Bank grundsätzlich nur noch eine passive Position einnimmt und auf Rückführung der herausgelegten Kredite abzielt. Der rote Bereich beginnt regelmäßig bereits in der Mitte der Skala. Der Bereich nach dem roten Bereich bedeutet die sofortige Kreditkündigung.
Kreditzusagen erfolgen durch eine Bank nur, wenn die Ratingnote im grünen Bereich ausläuft und aufgrund aktueller Unternehmenszahlen eine Kapitaldienstfähigkeit errechnet werden kann. Des Weiteren richtet sich der von der Bank angebotene Zinssatz nach dem Ratingergebnis.
Angeraten ist, immer mindestens zwei Banken an der Seite eines Unternehmens zu wissen. Dies sorgt für eine sehr wichtige Unabhängigkeit. Dabei sollte mit beiden Banken offen und transparent die vorgenannte Kommunikation gepflegt werden.
Für den Unternehmer bedeutet Rating: Tue Gutes und rede mit deinen Banken darüber. Nur so kann er alle Potenziale nutzen, sein Ratingergebnis über die Informationen aus den reinen Zahlen, Daten und Fakten hinaus zu verbessern.
3 Der Eingangsfall
Bezogen auf den eingangs beschriebenen Fall erklärt dies den grundsätzlichen Fehler, den der Unternehmer begangen hat. Erst als die Krise ihren Höhepunkt erreicht hat, wurde die Bank informiert bzw. wurde ein vom Unternehmer gefühlt kleiner Kreditantrag gestellt. Dass dieses angefragte Darlehn jedoch benötigt wird, um in der jetzt laufenden Sanierungsphase die nötige Liquidität zu verschaffen, um damit die Zahlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten, löst bei der Bank einen ganz bestimmten Prozess aus. Die Hausbank hat bisher nichts von den Problemen, aber auch nichts von den erfolgreichen Umstrukturierungsmaßnahmen mitbekommen. Die Bilanz des Vorjahres lag vor. Diese ließ jedoch noch keine Krise erkennen. Die heute vom Unternehmer vorgelegte BWA mit den im laufenden Jahr kumulierten Verlusten und dem ehrlichen, aber kommentarlos vorgetragenen Grund für den Darlehensbedarf, zeigen in Verbindung mit den bankinternen technischen Analysen des Kontoverlaufes erst einmal, dass die Situation ernst und eng ist. Alle Alarmglocken schellen. Die bankinterne Betreuung wird sofort an die Spezialabteilung, genannt Risikomanagement, übertragen. Die Ratingeinstufung wird drastisch nach unten korrigiert. Der Unternehmer wird zu einem Gespräch eingeladen. In diesem wird der angefragte Kredit erst einmal abgelehnt und sogar die grundsätzlich weitere Bereitschaft zur Begleitung des Unternehmens mit Krediten in Frage gestellt. Der Unternehmer versteht die Welt nicht mehr: eine Kreditabsage, obwohl die Bank mit werthaltigem Privatvermögen das gesamte Kreditvolumen besichert hat und das Unternehmen wieder über eine gesunde Perspektive verfügt.
3.1 Was hätte der Unternehmer besser machen können?
Eine Bank muss vom Unternehmer als Partner gesehen werden, ob er dies möchte oder nicht. Es ist ein bilaterales Verhältnis. Der eine erhält Kredite und kann investieren. Der andere verdient am Zinssatz. Dabei gilt beiderseitig: Partner informiert man, man hält den Partner auf dem Laufenden.
3.2 Wann und mit welchen Unterlagen soll der Unternehmer die Bank informieren?
Grundsätzlich sollte immer eine laufende Kommunikation erfolgen. Es sollten ohne Aufforderung durch die Bank Zahlen der Finanzbuchhaltung (BWA mit SuSa) in regelmäßigen Abständen eingereicht werden. Die Bilanz sollte drei Monate nach Bilanzstichtag zur Verfügung stehen. Je nach Unternehmenslage sollten gegenseitige Besuche und Gespräche die Bank-Kunden-Beziehung immer auf einem aktuellen Wissenstand halten. Dabei sollten insbesondere Zukunftsperspektiven und Plandaten ausgetauscht werden. Dies gilt in guten wie in schlechten Zeiten.
4 Besonderheiten der Bankenkommunikation in der Krise
Eine Krise kann nicht wegdebattiert werden, jedoch kann der Unternehmer dokumentieren, dass er ein guter Kaufmann ist und frühzeitig und richtig auf die Krise reagiert hat. Das kann auch bedeuten, dass er sich an einen sanierungserfahrenen Unternehmensberater gewandt hat, der mit ihm gemeinsam die Krise kommuniziert, bewältigt und wie im vorliegenden Fall so eine erfolgreiche Restrukturierung herbeiführt.
In der Krise reicht es nicht aus, der Bank die üblichen Zahlen, Daten und Fakten, welche in ruhigen Zeiten zur Ratingerstellung benötigt werden, zukommen zu lassen. In der Krise muss intensiver kommuniziert werden. Die Bank muss sehen und verstehen können, dass der Unternehmer alle Krisenursachen erkannt und gebannt hat. Es muss eine differenzierte Unternehmensplanung vorgelegt werden. Diese muss auf Basis der ermittelten und möglichst bereits eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen erstellt werden. In der Planung müssen sich die Wirkungserwartungen der Maßnahmen plausibel und nachvollziehbar wiederspiegeln. Am Ende des Tages muss der Bank ein Sanierungskonzept, unter Umständen in Form eines Gutachtens mit abschließender positiver Fortführungsprognose, vorgelegt werden. Soweit dieses nach den Richtlinien zur Erstellung von Sanierungsgutachten für KMU der Fachgruppe Sanierung (KFS) des Verbandes DIE KMU – BERATER e. V. erstellt wird, kann der Unternehmer davon ausgehen, dass er der Bank eine Unterlage vorlegt, welche die Basis für die weitere Zusammenarbeit mit der Bank ist.
Die Bank wird so in der Lage sein Kredite trotz Krise Darlehn und Kreditlinien weiter aufrecht zu erhalten. Zins- und Tilgungsleistungen können gestundet werden. Wenn nötig, können mit Vorlage eines solchen Gutachtens auch zusätzliche Sanierungskredite zur Überbrückung und zur Aufrechterhaltung der Liquidität beantragt werden.
5 Besonderheiten der Bankenkommunikation in der Krise
Ebenso wichtig wie die Kommunikation mit der Bank in der heißen Phase der Krise, ist es notwendig, dass die Bank in kurzen und regelmäßigen Intervallen über den Fortschritt der Sanierung informiert wird. Anfänglich sollten monatlich neben den betriebswirtschaftlichen Auswertungen auch die Veränderungen in den Kennzahlen und insbesondere in den weichen Fakten mitgeteilt werden. Dies sollte in Form eines klassischen Cockpits erfolgen. Dabei werden die wesentlichen Kennzahlen im Soll-Ist-Vergleich grafisch und/oder tabellarisch, aber auf jeden Fall übersichtlich, auf einer Seite zusammengefasst. Neben den Daten werden dabei auch Kommentierungen in Stichworten hinsichtlich der Entwicklung angeführt. Bei Planabweichungen sollten die betreffenden Ursachen und sogleich die ergriffenen Gegenmaßnahmen genannt werden.
6 Fazit
Ein Unternehmer sollte mit seiner Bank vorausschauend und auf partnerschaftlicher Basis kommunizieren. Dabei sollte er die Bank umfänglich über die Entwicklung seines Unternehmens in Kenntnis setzen. Eine Bank erkennt nicht, welche weichen Faktoren im Unternehmen den Erfolg ermöglichen. Eine laufende und damit frühzeitige Kommunikation mit der Bank ermöglicht es dem Unternehmer, diese von der Leistungsfähigkeit seines Unternehmens zu überzeugen. Dies gilt erst recht in einer Krise und Restrukturierung.
Wenn ein Unternehmen in eine Krise geraten ist und die Betreuung innerhalb der Bank an die Abteilung Risikomanagement übertragen wird, ist dies nicht das Ende sondern spätestens der Anfang einer professionellen Bankenkommunikation. Die sodann zuständigen Mitarbeiter sind Experten und Sanierungsspezialisten. Sie können schlüssige und erfolgsversprechende Sanierungskonzepte erkennen. Der Betreuungswechsel kann sodann als Chance genutzt werden, die Bank auch in der Krise unverändert als Partner an der Seite des Unternehmens zu behalten. Erfahrene Sanierungsberater können dabei zielführend und hilfreich unterstützen.